STASIOPFER
Aufarbeitung von MfS- Unrecht

 

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Zensur oder Datenschutz?

"Heute ist es so, daß diejenigen, die die Freiheit verteidigen und bewahren wollen, die Beweislast aufgebürdet bekommen und nicht die, die sie Stück für Stück einschränken!"
 Gerhart Rudolf Baum, ehemaliger Bundesminister des Inneren, am 14.9.1997, RTL


Am 26.03.2002 versandte der Berliner Beauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit ein Schreiben gegen den Rechteinhaber dieser Domain, in dem mit ultimativer Terminsetzung bis zum 12.04.2002 ein Verbot   benannter Inhalte auf der Website begehrt wurde. In diesem Schreiben erklärt sich die Berliner Behörde für in Bayern lebende Privatpersonen zuständig, obwohl kein Bezug mit einer Berliner Zuständigkeit angegeben wird. Unabhängig von der Unzuständigkeit wird im wesentlichen der Vorwurf erhoben, daß der eingetragene Rechteinhaber eine Datenbank selbst betreibt, die strafrechtliche Inhalte beinhaltet. Ein Nachweis für die Behauptung das eine Datenbank vom Domaininhaber selbst betrieben wird, wird nicht erbracht sondern nur vermutet. 

Zudem wird auf die § 43 und 44 des Bundesdatenschutzgesetzes verwiesen, obwohl der Behörde seit Jahren selbst bekannt ist, daß Datenbanken und Listenmaterial ehemaliger Mitarbeiter des MfS allgemein öffentlich zugänglich sind. Statt jedoch die  internationale Verbreitung der beanstandeten Daten anzuerkennen, werden zielgerichtet deutsche Mitverwender sowie eine DDR Suchmaschine ultimativ angemahnt. Damit unterstellt die Berliner Behörde wissentlich Straftatbestände die de facto keine sein können, denn öffentlich verfügbare Daten sind nicht strafbar zu stellen. Damit steht nicht Datenschutz, sondern selektive Zensur für die Bundesrepublik als vermutliche Maßgabe des Amtes im Raum. Sieht man auch von dieser Tatsache einmal ab, sollte man sich jedoch daran erinnern, daß der gleiche Mitarbeiter bereits in 2000 mit ähnlichem Ansinnen die Staatsanwaltschaft zur Ermittlung aufforderte, das Verfahren jedoch eingestellt werden musste. Nachdem zum 23.Mai 2001 eine Gesetzesänderung erfolgte, versucht der damals gescheiterte Beamte wiederum in Eigenermittlung und kritikwürdiger Auslegung einen strafbewehrten Vorwurf zu erheben.

Besonders kritikwürdig muß auch gelten, daß die Berliner Behörde dem Betreiber der Suchmaschine www.ddr-suche.de ebenso eine Aufforderung zukommen liess. Darin wird die ultimative Entfernung eines Verweises auf die Website Stasiopfer gefordert. Entgegen geltendem Recht und ohne Beachtung der Funktionsweise des Internets, fordern die Datenschützer die generelle Zensur, die generelle Sperrung von Verweisen auf die Website Stasiopfer. Zielgerichtet wurde auch hier nur der Suchmaschine strafrechtliches Vorgehen vorgeworfen, die sich speziell mit DDR Themen beschäftigt. Andere, international anerkannte, Suchmaschinen wurden nicht behelligt.

Weitere grundsätzliche Überlegungen und Anfragen an den Berliner Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit können Sie auszugsweise hier lesen:

- die offizielle Anfrage des Mitinitiators von Odem lesen Sie hier
- die offizielle Anfrage eines Bürgerrechtlers/ Journalisten lesen Sie hier
- die offizielle Anfrage eines Stasiopfers lesen Sie hier
- die offizielle Anfrage des Vorstands der UOKG lesen Sie hier

die Stellungnahme des DJV zum Stasiunterlagengesetz finden Sie hier


Eine offizielle Erklärung der Behörde wurde weder uns noch bisher den Medien gegenüber abgegeben. Der  Stellvertreter des Berliner Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit überstellte uns jedoch eine Kopie einer Mailantwort an eine andere Person. Wir gehen davon aus das die Berliner Behörde die datenschutzrechtliche Einverständniserklärung des Absenders besitzt und betrachten die Antwort ebenso als offenen Brief, der hier zu lesen ist.

Zwischenzeitlich berichtete der FOCUS in einer Kurzmeldung von einem Interview mit dem stellvertretenden Leiter der Berliner Behörde, der nunmehr davon ausging das "amtlicherseits" der Sache nicht weiter nachgegangen werden soll. Eine offizielle und begründete Antwort gibt es nicht. Zudem wurde dem mit Rechtsmaßnahmen bedrohten Inhaber der Domain Stasiopfer.de  gegenüber keinerlei Rücknahme von Vorwürfen und Androhungen von Rechtsmitteln erklärt. 

Damit bleibt noch immer ungeklärt:

- das Berliner Amt darf im Rahmen des BDSG tätig werden, jedoch nicht über diesen Rahmen hinaus. Die Hinterlassenschaften des MfS werden
gesetzlich im StUG geregelt. Wie konnte das Berliner Amt sich also amtsanmaßend für zuständig erklären?

- wenn man diesen gravierenden Fehler (vorsätzliche Rechtsübertretung ) vernachlässigt, dann wäre das Berliner Amt nur für das Land Berlin zuständig. Warum verletzte die Behörde wiederum die Zuständigkeit und versuchte den zuständigen bayerischen Datenschutz zu umgehen?

- selbst wenn man diesen zweiten sehr klaren Gesetzesverstoß unberücksichtigt lässt, dann müsste zumindest eine Strafbarkeit vorliegen um ein Vorgehen des Berliner Datenschutzes zu rechtfertigen. Eine Strafbarkeit ist jedoch nicht gegeben, denn die Berliner Behörde hat Kenntnis davon das Listen und Datenbankmaterialien seit Jahren im Internet frei verfügbar sind. Bereits 1999 scheiterte die Behörde mit einer vom gleichen Mitarbeiter initiierten Anzeige an den Staatsanwalt. Wie kann die Berliner Behörde allgemein zugängliche Daten gegenüber willkürlich ausgesuchten Personen als Straftat ausweisen?  Selektive Strafandrohung eines Amtes das auch für Informationsfreiheit zuständig ist?

- selbst wenn sich die Berliner Behörde auf Unkenntnis der allgemeinen Zugänglichkeit der inkriminierten Datenbank herauslügen sollte, dann bliebe der nächste eklatante Vorwurf: Welche Inhalte der Datenbank sollen welche Gesetze verletzen? Die angeblich strafbare Datenbank beinhaltet ausschließlich veröffentlichungswürdige Daten von Personen die im staatlichen und damit öffentlichen  Auftrag (hier MfS) der DDR standen. Die Benennung öffentlicher Funktionsträger - zumal noch MfS Mitarbeiter - ist eindeutig erlaubt. Woher also der Versuch die Daten zu kriminalisieren?

- vernachlässigt man auch den letzgenannten wahrheitswidrigen Vorgang, dann hätte die Berliner Behörde die Verpflichtung gehabt zu prüfen ob die Vorwürfe gegen den angeschriebenen Inhaber der Domain berechtigt sind. Dies hat man unbestreitbar unterlassen. So wird im ultimativen Anschreiben der Behörde behauptet, unter der Website Stasiopfer wird eine Datenbank "gespeichert und bereitgehalten". Dieser Vorwurf wird nicht bewiesen, sondern ungeprüft behauptet. Mit einfachsten Mitteln hätte die Berliner Behörde bei dem zuständigen Provider feststellen können, das der mit Rechtsmitteln bedrohte Adressat keinesfalls die Datenbank verwaltet oder bereithält. Aus welchem Grunde wurde die zumutbare Prüfung der Tatsachen unterlassen?

- auch wenn man dieses nachweisbare Fehlverhalten der Berliner Behörde vernachlässigt, bleibt der nächste Verstoß gegen weitere Gesetze. So geht die Behörde exemplarisch und ultimativ gegen eine Suchmaschine im Internet vor, die auf die Website Stasiopfer allgemein und unkommentiert verlinkt. Dem Betreiber wurde ebenso mit Frist aufgegeben zu reagieren oder mit Rechtsmitteln gedroht. Damit wurde gegenüber der Suchmaschine ein Zensurbegehren ausgesprochen, denn eine Verlinkung von ca. 800 Seiten der Website Stasiopfer wurden damit für Verbotsfähig erachtet. Wie begründet die Berliner Behörde das zensurhafte Vorgehen gegen eine Suchmaschine, die nur auf eine gesamte Website hinweist? Würde der Datenschutz auch Bibliotheken schliessen lassen um ein eventuell strafbares Buch unzugänglich zu machen?

- warum stellte die Berliner Behörde keine ultimativen Schreiben gegen yahoo, fireball, t-online, google sowie Spiegel, Stern, FOCUS und andere in Deutschland rechtlich beheimateten Suchmaschinen, Portale, Verzeichnisse und Medien? Mittlerweile dürften weit über 2000 Verweise auf die Website Stasiopfer gesetzt sein. Etwa 50 uns bekannte Links weisen zudem direkt auf die Startseite der Datenbank hin. Warum wurden selbst die offensichtlichsten Links nicht ebenfalls kriminalisiert, sondern nur die speziell für DDR Themen profilierte "DDR-Suche" Betreiber?

Trotz massiver Anfragen von Medienvertretern war die Berliner Behörde zu keiner umfassenden Aufklärung bereit. In einem Telefonat von 24.04.2002, gegen 16 Uhr 30, erklärte der für den Vorgang verantwortliche Dr. Metschke telefonisch gegenüber Mario Falcke, das er "nach wie vor" zu seinem Vorgehen stehe.

Eine offizielle Rücknahme an den kriminalisierten Inhaber der Domain erfolgte damit nicht. Wir fordern den zuständigen Herrn Dr. Metschke hiermit bis zum 10.05.2002 auf eine rechtsverbindliche Klarstellung zu übersenden.


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