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Aufarbeitung von MfS- Unrecht

 

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"THX-1138" , psychische Folter

Wir sind nicht gefeit, daß Schufte unter uns sind. Wenn ich das jetzt schon wüsste, dann würden die morgen nicht mehr leben - kurzen Prozeß!
(Erich Mielke am 19.2.82 in einer MfS Konferenz)


15 Jahre nach der ersten friedlichen Revolution in Deutschland wachsen die Barrieren zwischen Ost und West
, statt abzuflachen. Wenn es um die Aufarbeitung der MfS Geschichte geht, dem wichtigsten Repressionsorgan der SED- Diktatur, fehlt oft die authentische Sicht der Opfer. Die Gründe sind auch im Schweigen vieler ehemaligen politischen Häftlinge zu suchen. Zudem wendet sich die Öffentlichkeit aktuellen Problemen zu, Täter verdrängen ihre Verantwortung, Medien nehmen die Auswirkungen des Unrechts der DDR kaum wahr: Zumindest jede 30. Familie hatte im Laufe der 40 Jahre DDR einen Angehörigen in politischer Haft. Gesundheitsschäden und zerstörte Biografien zeichnen heute noch viele Opfer politischer Haft.

Nur einem kleinen Teil der Öffentlichkeit ist bekannt, daß der Gauckbehörde ca. 2 Millionen Datensätze zu Personen aus der "alten"  Bundesrepublik vorliegen. Darüber hinaus waren bis zu 30 000 inoffizielle Mitarbeiter in der BRD für das MfS aktiv.

Wir versuchen mit unserem Projekt interessierte Menschen mit Fakten auf Folgen des Repressionsorgans MfS aufmerksam zu machen. Betroffenen möchten wir die Möglichkeit geben Ihre Erfahrungen und Erlebnisse weiterzugeben. Wir sind der Meinung, daß eine Aufarbeitung der Schattenseiten der DDR bisher nur ungenügend geschah. 

Wir fordern Sie zum Dialog auf


Zivilcourage würdigen: durch Rehabilitierung und Entschädigung der Opfer

Die Forderungen, die Opfer politischer Verfolgung in der DDR zu rehabilitieren und zu entschädigen, reicht ebenso bis in die Endphase der DDR zurück wie die Geschichte des Stasi-Unterlagengesetzes oder der strafrechtlichen Aufarbeitung. Alle politischen Akteure unterstützten zumindest verbal den Anspruch, Gerechtigkeit wenigstens in Ansätzen wiederherzustellen und Benachteiligungen, die aus der Verfolgung entstanden waren, aufzufangen. Gleichzeitig sollte ein Signal gesetzt werden, dass Zivilcourage, widerständiges Verhalten in der Diktatur und dadurch erlittenes Leid von der Demokratie gewürdigt wird. In der Folge zeigte sich jedoch, dass auch die moralischen Ansprüche und Interessen der Opfer auf politischer Ebene nur mit fortwährender Lobbyarbeit durchzusetzen sind.

Noch die letzte DDR-Volkskammer beschloss im September 1990 ein Rehabilitierungsgesetz. Der Deutsche Bundestag verabschiedete in der Folge 1992 und 1994 zwei SED-Unrechtsbereinigungsgesetze zur strafrechtlichen, beruflichen und verwaltungsrechtlichen Rehabilitierung. Die Aufhebung rechtsstaatswidriger Urteile bereitete die geringsten Schwierigkeiten, wesentlich problematischer gestaltete sich für die Betroffenen der Nachweis rechtsstaatswidriger Verwaltungsmaßnahmen, z.B. im Rahmen der Zwangsaussiedlungen an der innerdeutschen Grenze in den Jahren 1952 und 1961. Aufgrund der in den verfügbaren Akten oftmals anzutreffenden Verschleierung lassen sich auch die politischen Hintergründe einer Nichtzulassung zu Abitur oder Studium häufig nur schwer nachweisen. Oftmals sind es gerade die Stasi-Akten, die hier die entscheidenden Belege liefern und so helfen, Nachteile bei der Rentenberechnung auszugleichen. Dennoch müssen die Betroffenen, um das an ihnen begangene Unrecht nachzuweisen, einen langen Archiv- und Verwaltungsmarathon auf sich nehmen.

Zu den heftigsten Kontroversen führte aber die Frage der finanziellen Entschädigung für politisch motivierte Inhaftierungen und der Ausgleich haftbedingter Gesundheitsschäden. Mit einer Gesetzesnovelle von 1999 erfolgte zwar eine Anhebung der Entschädigung auf 600 DM pro Haftmonat für alle Betroffenen, um wenigstens die Gleichstellung mit den aktuell geltenden Regelungen für in der Bundesrepublik zu Unrecht Inhaftierte zu erreichen. Für viele ist aber auch dies nur ein Tropfen auf den heißen Stein, sind sie doch immer noch besonders bei der Rente im Vergleich mit ehemaligen Systemträgern eindeutig schlechter gestellt. Die Anerkennungsquote von Gesundheitsschäden durch Haft und Verfolgung liegt nach wie vor bei nur rund 5%, wobei die Versorgungsämter neue wissenschaftliche Erkenntnisse beispielsweise zu posttraumatischen Belastungsstörungen häufig nicht zur Kenntnis nehmen.

Eine Ehrenpension?

Die Forderung nach Einrichtung einer Ehrenpension für Opfer politischen Unrechts ist bis heute unerfüllt geblieben. Eine Form wirklicher moralischer Rehabilitierung ist bis heute nicht gefunden und rechtlich nur schwer umsetzbar. Die Berechtigung dieser Forderungen der Betroffenen ist immer noch nicht ins öffentliche Bewusstsein gelangt. Deshalb ist eine weitere Novellierung der SED-Unrechtsbereinigungsgesetze, die diesem Umstand Rechnung trägt, herbeizuführen. Den Menschen, die ihr Leben und ihre Karriere nachweisbar den Werten von Freiheit und Demokratie in den Zeiten der Diktatur geopfert haben, muss zumindest dieses Mindestmaß an Gerechtigkeit und Genugtuung zugestanden werden. Sie müssen von den vielfach verwaltungstechnisch überhöhten und seelisch aufreibenden Antragstellungs- und Nachweisverfahren entbunden werden. Auch wenn in Rechnung gestellt wird, dass eine echte und umfassende Wiedergutmachung grundsätzlich kaum möglich ist, so bleibt doch festzuhalten, dass der aktuelle Umgang mit den Opfern politischer Willkür den Ansprüchen an die Aufarbeitung der kommunistischen Gewaltherrschaft kaum gerecht wird.

Die Betroffenen versammeln sich in Vereinen und Verbänden weitgehend unter ihresgleichen. In der Öffentlichkeit finden sie wenig Gehör, häufig gelten sie jetzt schon wieder als Störenfriede. Zu den wenigen Anlaufstellen gehören die in den neuen Ländern (mit Ausnahme von Brandenburg) existierenden Behörden der Landesbeauftragten für die Stasi-Unterlagen. Die seelische Betreuung von Verfolgten und Inhaftierten, der Einsatz für deren politische Rehabilitierung und materielle Wiedergutmachung, die Moderation von Täter-Opfer-Gesprächen unter Anwesenheit der früheren Spitzel, die ruhige Lektüre und Erläuterung der Kopie der Stasiakte, die Auslösung aufklärender Recherchen in anderen Archiven oder die Aufbereitung einzelner Schicksale in einer Publikation gehören ebenso zu dem Beratungsangebot der Landesbeauftragten, wie Gespräche über DDR-Erfahrungen.

Ein Auftrag auch für die politische Bildung

Zehn Jahre nach dem Ende der DDR werden vielfach Forderungen laut, einen Schlussstrich unter die Beschäftigung mit dieser Vergangenheit zu ziehen. Dieser Meinung sind Umfragen zufolge schon seit längerer Zeit rund zwei Drittel aller Deutschen, mit nur geringfügigen Unterschieden zwischen Ost und West. Ganz abgesehen von der Tatsache, das Schlussstriche in einer offenen Gesellschaft nicht verordnet werden können, zeigt eine nüchterne Bilanzierung zum einen die immer noch vorhandenen Defizite des Aufarbeitungsprozesses auf. Zum anderen sind mit der Aufarbeitung politische und ethische Ansprüche verbunden, die nicht von Stimmungslagen abhängig gemacht werden sollten.
Die entscheidende Frage der Aufarbeitungsdiskussion weist nicht in die Vergangenheit sondern in die Zukunft: Inwieweit können die individuellen Schicksale und die Erkenntnisse der historisch-wissenschaftlichen Aufarbeitung, vermittelt durch innovative Methoden politischer Bildungsarbeit zu einer neuen Qualität staatsbürgerlichen Bewusstseins führen? Den Trägern politischer Erwachsenen- und Jugendbildung und den Schulen kommt in diesem Zusammenhang eine entscheidende Bedeutung zu. Dieser Prozess wird aber nur möglich sein, wenn Eltern und Lehrer ihre vielfach festzustellende Verweigerungshaltung gegenüber einer kritischen Vergangenheitsaufarbeitung überwinden.

Jörn Mothes und Jochen Schmidt 
( Beitrag für: Deutschland Ost - Deutschland West)


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