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AKUT
WICHTIG
|
Der DDR-Rechtsanwalt Gregor Gysi
und seine ehemaligen Mandanten
"Wo
Gerechtigkeit nicht einmal erstrebt wird, wo die Gleichheit, die den Kern
der Gerechtigkeit ausmacht, bei der Setzung positiven Rechts bewußt
verleugnet wurde, da ist das Gesetz nicht etwa nur "unrichtiges
Recht", vielmehr entbehrt es überhaupt der Rechtsnatur." Gustav
Radbruch
Hart und mit allen juristischen Bandagen kämpft Gregor Gysi gegen den
öffentlich erhobenen Vorwurf, er habe als Anwalt in der DDR falsch
gehandelt. Er habe gegenüber seinen ehemaligen Mandanten die anwaltlichen
Pflichten verletzt. Er habe das Vertrauen gebrochen, das ein Mandant auch
in der DDR in seinen Anwalt setzen durfte. Er habe seine Mandanten an die
Staatssicherheit verraten.
Schnell, wird von Gysis politischen Gegnern ein Einwand seinerseits
abgetan. Ein Einwand von ihm, der auf die Umstände in der DDR hinweist.
Viel zu schnell, denn in der Tat: Welche Rolle spielte der Anwalt in der
DDR? In welchem gesetzlichen Rahmen bewegte er sich? Wie viel darf man als
Untersuchungsgefangener in einer Untersuchungshaftanstalt, wie etwa denen
des Ministeriums für Staatssicherheit, überhaupt einem Anwalt
anvertrauen?
Sicher, das Strafrecht der DDR kannte eine Vorschrift, die unserem
jetzigen § 203 des Strafgesetzbuches (Verletzung von Privatgeheimnissen)
zu ähneln scheint. Es bestimmt das Strafgesetzbuch der DDR (siehe Anm.1):
„§ 136 Verletzung des Berufsgeheimnisses
Wer vorsätzlich als Rechtsanwalt ... Tatsachen, die ihm in seiner
beruflichen Tätigkeit anvertraut oder bekannt geworden ist und an deren
Geheimhaltung ein persönliches Interesse besteht, offenbart, ohne dazu
gesetzlich verpflichtet ... zu sein, wird mit Verurteilung auf Bewährung,
Geldstrafe oder mit öffentlichem Tadel bestraft.“
Allerdings scheint diese Norm nur zu ähneln. Sie lief nach dem Willen der
Machthaber gerade dann leer, wenn dem Rechtsanwalt die Pflicht auferlegt
war, das Privatgeheimnis zu brechen. Wann diese Pflicht bestand, legt der
amtliche Kommentar noch einmal offen (siehe Anm.2):
„Nach § 225 ist jedermann zur Anzeige
verpflichtet, der von dem Vorhaben, der Vorbereitung oder der Ausführung
eines ... in dieser Bestimmung genannten schweren Verbrechen ...
glaubwürdige Kenntnis erlangt. Das trifft auch für den in § 136
genannten Personenkreis zu.“
Welche „Taten“ waren in der DDR anzeigepflichtig? Wir lesen im
Strafgesetzbuch der DDR zum Beispiel:
§ 225 Anzeigepflicht (Auszüge der hier relevanten Absätze)
Abs. I: Wer von dem Vorhaben, der
Vorbereitung oder der Ausführung
1. eines Verbrechens gegen den Frieden und die Menschlichkeit ( §§ 85
bis 89, 91 bis 93)
2. eines Verbrechens gegen die Deutsche Demokratische Republik ( §§ 96
bis 105, § 106 Absatz 2, §§ 107, 108, 109 Absatz 2, 110
5. eines Verbrechens oder Vergehens gegen die allgemeine Sicherheit oder
gegen die staatliche Ordnung ( §§ 185, 186, 190, 198, 213 Abs. 3)
8. eines Verbrechens oder Vergehens der Fahnenflucht ( § 254)
9. vor dessen Beendigung glaubwürdig Kenntnis erlangt und dies nicht
unverzüglich zur Anzeige bringt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf
Jahren oder mit Verurteilung auf Bewährung, Geldstrafe oder mit
öffentlichem Tadel bestraft.
Abs. IV: Die Anzeige ist bei einer
Dienststelle der Sicherheitsorgane oder der Staatsanwaltschaft der
Deutschen Demokratischen Republik zu erstatten.
Zu weit würde es hier führen, all die oben zitierten „Straftatbestände“
im Wortlaut aufzuführen. Allesamt sind es „Tatbestände“, die
ausschließlich Werkzeuge politischer Verfolgung darstellen. (siehe Anm.
3) . Nur beispielhaft sei hier zitiert:
§ 99, Landesverräterische Nachrichtenübermittlung
Abs. I: Wer der Geheimhaltung nicht unterliegende Nachrichten zum Nachteil
der Interessen der Deutschen Demokratischen Republik an die im § 97
genannten Stellen oder Personen übergibt, für diese sammelt oder ihnen
zugänglich macht, wird mit Freiheitsstrafe von zwei bis zu zwölf Jahren
bestraft.
Abs. II: Vorbereitung und Versuch sind strafbar.
Die Kontaktaufnahme zu folgenden Institutionen und Organisationen hat nach
Erkenntnis der Gefangenenhilfsorganisation „amnesty international“ aus
dem Februar 1989 zur strafrechtlichen Verfolgung der betreffenden Personen
nach oben genannter Vorschrift geführt (siehe Anm. 4):
- Zweites Deutsches Fernsehen (ZDF)
- Ständige Vertretung der Bundesrepublik Deutschland in Ost-Berlin
- Militärmission der USA in Potsdam
- Internationale Gesellschaft für Menschenrechte
- amnesty international
- Hilferufe von Drüben
Die ersten drei Institutionen waren offiziell in der DDR tätig. Auf den
Versuch der Kontaktaufnahme mit den Vereinten Nationen ist Berichten
zufolge in einer Anklageschrift gegen Ausreisewillige ebenfalls Bezug
genommen worden.
Halten wir weiter fest: wusste ein DDR-Anwalt über Verbindungen seines
Mandanten zu den oben genannten Institutionen und Organisationen, so hatte
er zu plaudern. Wenn nicht, machte er sich selbst strafbar. Und
Rechtsanwälte werden als „Täter“ für gewöhnlich härter angefasst
und zu höheren Haftstrafen verurteilt als Normalbürger. Weil der Staat
von ihnen besondere Gesetzestreue verlangt. In jedem politischen System.
Erst recht natürlich in der DDR. Zudem hat ein zu Haftstrafen
verurteilter Rechtsanwalt für meist das ganze restliche Leben seine
Anwaltszulassung verloren. In jedem politischen System. Und in besonderem
Maße in einem Staat wie der DDR.
Kann man wirklich allen Ernstes davon ausgehen, ein DDR-Anwalt habe das
alles in der Regel riskiert? Und nur Ausnahmefälle seien von „ihrer
Schweigpflicht“ abgewichen? Wohl kaum.
Wem gegenüber hatte nun aber der Rechtsanwalt zu plaudern?
Ein Hinweis an alle, die es nicht wissen: die Mitarbeiter des Ministeriums
für Staatssicherheit waren keine unsichtbaren Geister, die im Tarnmantel
durch das Strafprozessrecht der DDR huschten. Die Strafprozessordnung der
DDR erklärt sie sehr offen und genau (siehe Anm. 5):
„§ 88 Untersuchungsorgane sind
(Auszüge der hier relevanten Absätze)
Abs. II: Untersuchungsorgane sind:
2. Die Untersuchungsorgane des Ministeriums für Staatssicherheit.
Alt und ungewohnt klingt uns heute das Wort „Untersuchungsorgane“.
Mangels anderer Vergleichsmöglichkeiten verweise ich auf den „Hilfs-
beamten der Staatsanwaltschaft“. Es ist bekannt, dass nicht zuerst der
Staatsanwalt die Gesetzesbrecher jagt. Nein, das erledigt ein fleißiger
und schnell kombinierender Polizei-Kommissar, ein Polizist. Der stellt in
unserer Zeit auch die ersten Fragen in der Polizei- oder
Untersuchungshaft.
Ohne Gleichsetzungen vornehmen zu wollen: eine ähnliche Stellung hatte
das Ministerium für Staatssicherheit. Dazu unterhielt das Ministerium 15
Bezirksverwaltungen mit eigener Untersuchungshaftanstalt, die völlig von
den polizeilichen Untersuchungsorganen getrennt "ermittelten".
Aber zurück zum Thema: Wem gegenüber hatte also der Strafverteidiger der
DDR in einem politischen Prozess zu plaudern? Ja eben. Genau. Es bestimmt
das Strafgesetzbuch der DDR ja:
§ 225 Anzeigepflicht (Auszüge der hier relevanten Absätze)
Abs. IV: Die Anzeige ist bei einer Dienststelle der Sicherheitsorgane oder
der Staatsanwaltschaft der Deutschen Demokratischen Republik zu
erstatten.
Und die Strafprozessordnung:
„§ 95 Abs. I: ... die Untersuchungsorgane sind verpflichtet, jede
Anzeige oder Mitteilung entgegen zu nehmen ...“
Halten wir fest: verpetzte ein DDR-Strafverteidiger die West-Verbindungen
seines Mandanten an die Staatssicherheit, so brach er damit nicht seine
DDR-anwaltlichen Pflichten. Nein, er erfüllte sie.
Das Problem in der Biographie des ehemaligen DDR-Anwaltes Gregor Gysi
liegt somit viel tiefer:
So wie der Anwalt in einem Rechtsstaat ein Organ der
Rechtspflege ist, so ist ja der Anwalt in einem Unrechtsstaat ein Organ
der Unrechtspflege.
Einen Vorwurf trifft deshalb nicht nur die graue Eminenz der PDS, Gregor
Gysi. Einen Vorwurf trifft vor allem den Bundesdeutschen Gesetzgeber.
Was für eine Fehlbewertung im Range des Verfassungsrechts hat doch der
Einigungsvertrag getroffen:
- als er grundsätzlich alle in der DDR ausgebildeten und dort
praktizierende
Anwälte für geeignet hielt, Rechtsanwälte in einem Rechtsstaat
zu sein
(siehe Anm. 5).
- als er alle Urteile-Fäller der DDR-Justiz für grundsätzlich geeignet
hielt,
Richter in einem Rechtsstaat zu sein (siehe Anm. 7).
- als er das bundesdeutsche erste juristische Staatsexamen einer Prüfung
zum Diplom-Juristen für den Dienst in der DDR gleichsetzt (siehe
Anm.8).
Als die alte Bundesrepublik - ohne Not und mit der Chance, den Kalten
Krieg gewinnen zu können - diesen Einigungsvertrag unterschrieb. Einen
Einigungsvertrag, der den Rechts- und den Unrechtsstaat gleichberechtigt
und nebeneinander und auf eine Stufe stellte. Jetzt haben wir den Salat.
Die Bundesrepublik wird noch lange an der Rechtspraxis der DDR und ihrer
damals wie heute aktiven Rechtsvertreter zu kauen haben.
Gustav
Radbruch, Professor für Strafrecht und Rechtsphilosophie, erster
deutscher Rechtsprofessor, 1919 Mitglied der SPD, Mitglied des Reichstags
und Justizminister, 1933 von den Nazis entlassen, nach dem Krieg wieder
Professor in Heidelberg und die moralische Instanz der BRD
Rechtswissenschaft der Nachkriegsjahre. Aufsatz 1946: "Gesetzliches
Unrecht und übergesetzliches Recht". Quintessenz: es gibt
gesetzliches Recht, das Unrecht ist und von niemandem anerkannt werden
muß. Die sogenannte Radbruchsche Formel:
"Der Konflikt zwischen der Gerechtigkeit und
der Rechtssicherheit dürfte dahin zu lösen sein, daß das positive durch
Satzung und Macht gesicherte Recht auch dann den Vorrang hat, wenn es
inhaltlich ungerecht und unzweckmäßig ist, es sei denn, daß der
Widerspruch des positiven Gesetzes zur Gerechtigkeit ein so
unerträgliches Maß erreicht, daß das Gesetz als »unrichtiges Recht«
der Gerechtigkeit zu weichen hat."
Ene ähnliche Rechtsauffassung
vertrat bereits Thomas v. Aquin (1225-1274):
"Wie das geschriebene Gesetz dem Naturrecht
nicht die [verpflichtende] Kraft erst gibt, so kann es auch seine Kraft
nicht mindern oder aufheben; denn auch der menschliche Wille kann die
Natur nicht ändern. Wenn deshalb das geschriebene Gesetz etwas gegen das
Naturrecht enthält, ist es ungerecht, und hat nicht die Kraft zu
verpflichten; denn nur dort kommt das geschaffene Recht überhaupt in
Frage, wo es dem Naturrecht gegenüber nichts ausmacht, ob etwas so oder
anders bestimmt ist. Deshalb werden solche Schriften auch nicht Gesetze
genannt, sondern eher Verderbnis des Gesetzes."
(Zitat aus: summa theologica, Antwort auf die 60. Frage, Art. 5)
zu
Anmerkung1)
Strafgesetzbuch der Deutschen Demokratischen Republik -StGB-
vom 12. Januar 1968 in der Neufassung vom 19. Dezember 1974 ( GBl. I 1975
Nr. 3 Seite 14 ) sowie in der Fassung des 2. Strafrechtsänderungsgesetzes
vom 7. April 1977 ( GBl. I Nr. 10 S. 100), und des Gesetzes über
gesellschaftliche Gerichte der Deutschen Demokratischen Republik -GGG- vom
25. März 1982 ( GBl. I 1982 Nr. 13 Seite 269 )
zu Anmerkung2) Strafgesetzbuch der Deutschen
Demokratischen Republik, Kommentar, herausgegeben vom Ministerium der
Justiz und der Akademie für Staats- und Rechtswissenschaft der DDR
Potsdam-Babelsberg, Staatsverlag der DDR, 4. durchgesehene Auflage, S. 334
):
zu Anmerkung 3) Für den ganz Interessierten
sei zitiert:
§ 85 Planung und Durchführung von
Aggressionskriegen
§ 86 Vorbereitung und Durchführung von
Aggressionsakten
§ 87 Anwerbung für imperialistische
Kriegsdienste
§ 88 Teilnahme an Unterdrückungshandlungen
Abs. I: Ein Bürger der Deutschen Demokratischen Republik, der sich an
kriegerischen Handlungen zur Unterdrückung eines Volkes beteiligt, wird
mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu acht Jahren bestraft.
§ 89 Kriegshetze und -propaganda
§ 91 Verbrechen gegen die Menschlichkeit
Abs. I: Wer es unternimmt ... Gruppen zu verfolgen, zu vertreiben, ganz
oder teilweise zu vernichten oder gegen solche Gruppen andere
unmenschliche Handlungen zu begehen, wird mit Freiheitsstrafe nicht unter
fünf Jahren bestraft.
Abs. II:
§ 92 Faschistische Propaganda
§ 93 Kriegsverbrechen
§ 96 Hochverrat
Abs. I: Wer es unternimmt,
1.
2. das Gebiet der Deutschen Demokratischen Republik einem anderen Staat
einzuverleiben.....
wird mit Freiheitsstrafe nicht unter zehn Jahren oder mit
lebenslänglicher Freiheitsstrafe bestraft.
Abs. II In besonders schweren Fällen kann auf Todesstrafe erkann werden.
§ 97 Spionage
Abs. I: Wer Nachrichten oder Gegenstände, die geheim zu halten sind, zum
Nachteil der Interessen der Deutschen Demokratischen Republik für eine
fremde Macht, deren Einrichtungen oder Vertreter oder für einen
Geheimdienst oder für ausländische Organisationen sowie deren Helfer
sammelt, an sie verrät, ihnen ausliefert oder in sonstiger Weise
zugänglich macht, wird mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren
bestraft.
Abs. II: Vorbereitung und Versuch sind strafbar.
Abs. III: In besonders schweren Fällen kann auf lebenslängliche
Freiheitsstrafe oder Todesstrafe erkannt werde.
§ 98 Wer sich von den im § 97 Abs. I
genannten Stellen oder Personen zum Zweck der Sammlung, des Verrats oder
der Auslieferung von geheim zu haltenden Nachrichten zum Nachteil der
Interessen der Deutschen Demokratischen Republik
anwerben lässt, wird ebenfalls wegen Spionage bestraft.
§ 99 Landesverräterische
Nachrichtenübermittlung
Abs. I: Wer der Geheimhaltung nicht unterliegende Nachrichten zum Nachteil
der Interessen der Deutschen Demokratischen Republik an die im § 97
genannten Stellen oder Personen übergibt, für diese sammelt oder ihnen
zugänglich macht, wird mit Freiheitsstrafe von zwei bis zu zwölf Jahren
bestraft.
Abs. II: Vorbereitung und Versuch sind strafbar.
§ 100 Landesverräterische Agententätigkeit
Abs. I: Wer sich zu den im § 97 genannten Stellen oder Personen
Verbindung aufnimmt oder sich zur Mitarbeit anbietet oder diese Stellen
oder Personen in sonstiger Weise unterstützt, um die Interessen der
Deutschen Demokratischen Republik zu schädigen, wird mit Freiheitsstrafe
von einem Jahr bis zu zehn Jahren bestraft.
Abs. II: Vorbereitung und Versuch sind strafbar.
§ 101 Geiselnahme etc.
§ 102 Lebensbedrohung
§ 103 Diversion
Abs. I: Wer Maschinen, volkswirtschaftliche oder militärische Anlagen,
Gebäude, Transport- oder Verkehrseinrichtungen, Rohstoffe, Erzeugnisse
oder Reserven, Unterlagen der Forschung oder der Wissenschaft oder andere
für die Entwicklung der sozialistischen Gesellschaft, die Volkswirtschaft
oder die Landesverteidigung wichtige Gegenstände, Materialien oder
Einrichtungen zerstört, unbrauchbar macht, beschädigt oder in anderer
Weise dem bestimmungsgemäßen Gebrauch entzieht, um die sozialistische
Staats- und Gesellschaftsordnung der Deutschen Demokratischen Republik zu
schädigen, wird mit Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren bestraft.
Abs. II: Vorbereitung und Versuch sind strafbar.
Abs. III: In besonders schweren Fällen kann auf lebenslängliche
Freiheitsstrafe oder Todesstrafe erkannt werde.
§ 104 Sabotage
Abs. I: Wer
1. die planmäßige Entwicklung der Volkswirtschaft oder einzelner ihrer
Zweige oder ihrer Betriebe oder die Erfüllung der Volkswirtschaftspläne;
2. die Tätigkeit der Organe des Staates oder gesellschaftlicher
Organisationen;
3. die Verteidigungskraft oder die Verteidigungsmaßnahmen der Deutschen
Demokratischen Republik;
4. Die Außenwirtschaftsmaßnahmen des sozialistischen Staates
unter Missbrauch seiner Funktion oder berufliche Stellung oder unter
Umgehung der sich daraus ergebenden Pflichten oder unter Irreführung der
staatlichen oder volkswirtschaftlichen Organe oder durch andere Handlungen
durchkreuzt oder desorganisiert, um sozialistische Staats- und
Gesellschaftsordnung der Deutschen Demokratischen Republik zu untergraben
oder zu schwächen, wird mit Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren
bestraft.
Abs. II: Vorbereitung und Versuch sind strafbar.
Abs. III: In besonders schweren Fällen kann auf lebenslängliche
Freiheitsstrafe oder Todesstrafe erkannt werden.
§ 105 Staatsfeindlicher Menschenhandel
Abs. I: Wer
1. um die Deutsche Demokratische Republik zu schädigen
2. im Zusammenhang mit den im § 97 genannten Stellen oder Personen
Bürger der Deutschen Demokratischen Republik ins Ausland abwirbt,
verschleppt, ausschleust oder deren Rückkehr in die Deutsche
Demokratische Republik verhindert oder in sonstiger Weise an der Tat
mitwirkt, wird mit Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren bestraft.
Abs. II: Vorbereitung und Versuch sind strafbar.
Abs. III: In besonders schweren Fällen kann auf lebenslängliche
Freiheitsstrafe erkannt werden.
§ 106 Staatsfeindliche Hetze
Abs. I: Wer die verfassungsmäßigen Grundlagen der sozialistischen
Staats- und Gesellschaftsordnung der Deutschen Demokratischen Republik
angreift oder gegen sie aufwiegelt, indem er
1. die gesellschaftlichen Verhältnisse, Repräsentanten oder andere
Bürger der Deutschen Demokratischen Republik wegen deren staatlicher oder
gesellschaftlicher Tätigkeit diskriminiert;
2. Schriften, Gegenstände oder Symbole zur Diskriminierung der
gesellschaftlichen Verhältnisse, von Repräsentanten oder anderen
Bürgern herstellt, einführt, verbreitet oder anbringt;
3. die Freundschafts- und Bündnisbeziehungen der Deutschen Demokratischen
Republik diskriminiert;
4. Verbrechen gegen den Staat androht oder dazu auffordert, Widerstand
gegen die sozialistischen Staats- und Gesellschaftsordnung der Deutschen
Demokratischen Republik zu leisten;
5. den Faschismus oder Militarismus verherrlicht oder Rassenhetze treibt,
wird mit Freiheitsstrafe von einem bis zu acht Jahren bestraft.
Abs. II: Wer zur Durchführung des Verbrechens mit Organisationen,
Einrichtungen oder Personen zusammenwirkt, deren Tätigkeit gegen die
Deutsche Demokratische Republik gerichtet ist oder das Verbrechen
planmäßig durchführt, wird mit Freiheitsstrafe von zwei bis zehn Jahren
bestraft.
Abs. II: Vorbereitung und Versuch sind strafbar.
§ 107 Verfassungsfeindlicher Zusammenschluss
Abs. I: Wer einer Vereinigung, Organisation oder einem sonstigen
Zusammenschluss von Personen angehört, die sich eine
verfassungsfeindliche Tätigkeit zum Ziele setzen, wird mit
Freiheitsstrafe von zwei bis zu acht Jahren bestraft.
Abs. II: Wer einen verfassungsfeindlichen Zusammenschluss herbeiführt
oder dessen Tätigkeit organisiert, wird mit Freiheitsstrafe von zwei bis
zu acht Jahren bestraft.
Abs. III: Wer einen verfassungsfeindlichen Zusammenschluss fördert oder
in sonstiger Weise unterstützt, wird mit Freiheitsstrafe von einem bis zu
fünf Jahren bestraft.
Abs. IV: Der Versuch ist strafbar
§ 108 Staatsverbrechen, die gegen einen
verbündeten Staat gerichtet sind
In Verwirklichung der Prinzipien des sozialistischen Internationalismus
und der internationalen Solidarität werden Verbrechen nach §§ 96 bis
107 auch dann bestraft, wenn sie gegen Staaten gerichtet sind, die mit der
Deutschen Demokratischen Republik verbündet sind.
§ 109 Gefährdung internationaler
Beziehungen
Abs. I:
Abs. II: Wer durch die Handlung einen Angehörigen eines anderen Staates
oder Volkes tötet, wird gemäß § 112 ( Mord ) bestraft.
§ 110 Ein besonders schwerer Fall der in
diesem Kapitel ( §§ 96 bis 111 ) genannten Verbrechen liegt insbesondere
vor, wenn das Verbrechen
1. ... die sozialistische Staats- und Gesellschaftsordnung .. in hohem
Maße gefährdet;
2.
§ 185 Brandstiftung
§ 186 Schwere Brandstiftung
§ 190 Verursachen einer Katastrophengefahr
§ 198 Angriffe auf das Verkehrswesen
§ 213 Republikflucht
Abs. I: Wer widerrechtlich die Staatsgrenze der Deutschen Demokratischen
Republik passiert oder Bestimmungen des zeitweiligen Aufenthalts in der
Deutschen Demokratischen Republik sowie des Transits durch die Deutsche
Demokratische Republik sowie des Transits durch die Deutsche Demokratische
Republik verletzt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit
Verurteilung auf Bewährung, Haftstrafe oder Geldstrafe bestraft.
Abs. II: Ebenso wird bestraft, wer als Bürger der Deutschen
Demokratischen Republik rechtswidrig nicht oder nicht fristgerecht in die
Deutsche Demokratische Republik zurückkehrt oder staatliche Festlegungen
über seinen Auslandsaufenthalt verletzt.
Abs. III: In schweren Fällen wird der Täter mit Freiheitsstrafe von
einem Jahr bis zu acht Jahren bestraft. Ein schwerer Fall liegt
insbesondere vor, wenn
1.
2.
3. die Tat mit besonderer Intensität durchgeführt wird;
4. die Tat durch Urkundenfälschung (§ 240 ), Falschbeurkundung ( § 242
) oder
durch Missbrauch von Urkunden oder unter Ausnutzung eines Verstecks
erfolgt;
5. die Tat zusammen mit anderen begangen wird;
6.
§249 Gefährdung der öffentlichen Ordnung
durch asoziales Verhalten
§ 254 Fahnenflucht
Abs. I: Wer seine Truppe, seine Dienststelle oder einen anderen für ihn
bestimmten Aufenthaltsort verlässt oder ihnen fernbleibt, um sich dem
Wehrdienst zu entziehen, wird mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu
sechs Jahren bestraft.
Abs. II:
Abs. III:
Abs. IV:
zu Anmerkung 4) Deutsche Demokratische Republik, Rechtsprechung hinter
verschlossenen Türen, Februar 1989, s. Auflage November 1992
zu Anmerkung 5) Strafprozessordnung der
Deutschen Demokratischen Republik -StPO- vom 12. Januar 1968 in der
Neufassung vom 19. Dezember 1974 ( GBl. I 1975 Nr. 4 Seite 62 ) sowie in
der Fassung des 2. Strafrechtsänderungsgesetzes vom 7. April 1977 ( GBl.
I Nr. 10 S. 100 ), des 3. Strafrechtsänderungsgesetzes vom 28. Juni 1979
( GBl. I Nr. 17 Seite 139 ), des 4. Strafrechtsänderungsgesetzes vom 18.
Dezember 1987 ( GBl. I Nr. 31 S. 301 ) und des Gesetzes vom 18. Dezember
1987 zur Änderung und Ergänzung des Gerichtsverfassungsgesetzes und der
Strafprozessordnung der DDR ( GBl. I Nr. 31 Seite 302 )
zu Anmerkung 6) Vertrag zwischen der
Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik über
die Herstellung der Einheit Deutschlands –Einigungsvertrag- vom
31.08.1990 (BGBl. II S.889), Anl. I zum EVertr. Kap. III Sachgebiet A
Abschnitt IV Nr. 1 lit. a insbes. aa
zu Anmerkung 7) Anl. I zum EVertr. Kap. III
Sachgebiet A Abschnitt III Nr. 8 lit. a
zu Anmerkung 8) Anl. I zum EVertr. Kap. III
Sachgebiet A Abschnitt III Nr. 8 lit. y insbes. gg
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