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Betr.:
Stasi-Unterlagen-Gesetz (StUG) und Forschungs- sowie Pressefreiheit
hier: Novellierung des StUG Sehr
geehrte Damen und Herren, zehn
Jahre nach Inkrafttreten des Stasi-Unterlagen-Gesetzes (StUG) stellten
Sprecher aller Fraktionen am 8. November 2001 im Bundestag fest: Die
Praxis der Aufarbeitung der Stasi-Tätigkeit hat sich bewährt.
Dennoch ist in den vergangenen Monaten in Politik und Gesellschaft
eine intensive Debatte um die Zukunft des StUG geführt worden. In der
Diskussion waren insbesondere die §§ 14 (Anonymisierung) und 32-34
(Herausgabe von Akten zu Personen der Zeitgeschichte sowie
Amtsträgern und Funktionsinhabern für Forschung und Medien). Das
Bürgerkomitee befürchtet vor diesem Hintergrund ebenso wie andere
Initiativen, Politiker und Wissenschaftler eine massive Einschränkung
der Aufarbeitung, falls der Gesetzgeber nicht nachdrücklich seinen
Willen zur Offenlegung der diktatorischen Strukturen der DDR
bekräftigt. seiner
Urteilsbegründung jedoch auch ausdrücklich, dass der Gesetzgeber die
Möglichkeit habe, die bisherige Praxis durch eine Novellierung des
StUG rechtlich abzusichern. Marianne Birthler bat daraufhin den
Deutschen Bundestag, das Stasi-Unterlagen-Gesetz als 2.
Aufarbeitungsgesetz zu erhalten und dafür gegebenenfalls zu
novellieren. Anlässlich der Übergabe des 5. Tätigkeitsberichts der
BStU im Bundestag signalisierten die Abgeordneten Bereitschaft, über
den Novellierungsbedarf nachzudenken. Gesetzgebungsverfahren
einbringen. Bis heute verfolgt das Bürgerkomitee die Diskussion um
das StUG und hat mehrmals auf Forderungen nach Aktenvernichtung,
Schließung der Archive oder Einschränkung der
Akteneinsichtsmöglichkeiten reagiert. So wandte es sich im Oktober
1998 gegen die Anonymisierung von Originalakten, die laut §14 StUG
zum Jahresbeginn 1999 wirksam werden sollte. Im Ergebnis wurde das Inkrafttreten
des genannten Paragraphen um fünf Jahre verschoben. Im
Innenausschuss bestand Einvernehmen darüber, dass die gewonnene Zeit
genutzt werden müsse, um die Auswirkungen dieser Regel " einer
ausführlichen Prüfung zu unterziehen" . Im Mai 2001 kritisierte
das Bürgerkomitee die neue Arbeitsrichtlinie der BStU, die die
Herausgabe von Akten zu Personen der Zeitgeschichte sowie Amtsträgern
und Funktionsinhabern wesentlich verkomplizierte. Wenige Wochen
später stellte das so genannte " Kohl-Urteil" die bisherige
Arbeitsweise der Behörde in diesem Punkt gänzlich infrage.
Novellierungsbedarf sieht das Bürgerkomitee daher vor allem in vier
Punkten: 1.
Streichung der Datenvernichtungsvorschrift des §14 anderer Personen auf Einsicht in ihre Unterlagen eingeschänkt, da die Akten immer Informationen zu mehreren Personen enthalten. §14 könnte unter anderem dazu führen, dass die Opfer der DDR-Diktatur in Beweisnot geraten, weil ehemalige Amtsträger und Funktionsinhaber die Unterlagen, die über ihre Tätigkeit im Auftrag des SED-Regimes berichten, vernichten assen können. Deshalb kommt auch das Bürgerkomitee, das sich zuerst den Interessen der Opfer verpflichtet fühlt, nicht umhin, die ersatzlose Streichung von §14 zu fordern.
2.
Präzisierung des §32 Wirken heute öffentliches Interesse findet. Der Schutz der Persönlichkeitsrechte ist im übrigen durch eine Schutzklausel im §32 ausreichend gesichert.
4.Streichung der Zweckbindung Die im §32f. formulierte Zweckbestimmung muss unseres Erachtens wegfallen beziehungsweise erweitert werden. Schließlich sollte man im Gleichklang mit der aufklärerischen Intention des Stasi- Unterlagen-Gesetzes die zulässigen Fragen an das Archivmaterial nicht im Voraus gesetzlich beschränken. Eine solche Eingrenzung des Forschungsinteresses steht im Widerspruch zur Wissenschaftsfreiheit und ist weder sinnvoll noch nötig. Auch bisher wurde diese Zweckbindung eher großzügig gehandhabt und es ist dadurch kein Schaden, sondern vielmehr eine breite, wissenschaftlich fundierte Literatur zur DDR- Geschichte entstanden. Darüber hinaus wurden die Akten inzwischen erfolgreich zur Aufklärung von Vorgängen verwendet, die die MfS-Tätigkeit nicht unmittelbar berühren. Jüngstes Beispiel dafür ist das " La Belle" -Verfahren vor dem Berliner Landgericht.
Über die vier beschriebenen Punkte hinaus werden mit beiliegendem Novellierungsvorschlag an einigen Stellen des StUG geringfügige Änderungen angeregt, die sich vor allem aus der zehnjährigen Behördenpraxis ergeben haben. Die Gesetzesänderung sollte nach Ansicht des Bürgerkomitees ein erster Schritt auf dem Weg hin zu einem normalen Archivumgang mit den MfS-Akten für die institutionalisierte Forschung sein. Auch künftig muss das Stasi-Unterlagen-Gesetz einen sachgerechten Ausgleich zwischen den Grundrechten auf Datenschutz und Informationsfreiheit garantieren. Vor allem sollte Kritikern der derzeitigen Aufarbeitungspraxis deutlich sein, dass es sich beim StUG nicht um ein dem bundesdeutschen Recht fremdes "Revolutionsrecht" , sondern um ein sehr zeitgemäßes Gesetz handelt, das Elemente aus dem Datenschutz- und Archivrecht sowie aus dem noch jungen Feld der Informationsfreiheits- und Akteneinsichtsgesetze miteinander vereint. Ihr
persönliches Engagement und Fachwissen sind nun gefragt, um die
bisher einmaligen Zugangsmöglichkeiten zum Herrschaftswissen einer
Diktatur zu erhalten. Das StUG muss auch weiterhin ein Gesetz der
Aufarbeitung bleiben. Deshalb ist umgehend eine breit angelegte
Anhörung im Innenausschuss des Deutschen Bundestages nötig, um das
anstehende Problem sachgerecht zu lösen. des StUG einzusetzen und uns möglichst Ihre Ansicht zu dem vorgetragenen Problem zu übermitteln. Die Reaktionen, die uns bezüglich unserer Schreiben zu §14 und zur BStU-Richtlinie errreichten waren uns für unsere politische Arbeit sehr hilfreich. Den Novellierungsvorschlag sowie die angesprochenen Texte zur Richtlinie und zu §14 finden Sie auch auf unserer Homepage unter In Erwartung Ihrer Reaktion verbleiben wir mit freundlichen Grüßen für
den Vorstand Dr. Konrad Taut
Anlage: Vorschlag des Bürgerkomitee Leipzig e.V. zur Novellierung des StUG
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